288 Angebote finden sich auf der Internetplattform AirBnB, wenn man dort nach einer kurzfristig verfügbaren Privatunterkunft in Stuttgart sucht. Das Beispiel zeigt: Die Sharing-Kultur nimmt weiter Fahrt auf. Was ist von der privaten (Weiter)Vermietung von Wohnraum bei derartigen Plattformen zu halten? Wenig – zumindest aus Sicht der WEG-Verwaltung.

AirBnB Stuttgart

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Das Internet entwickelt sich rasant und bietet ungekannte Möglichkeiten globaler Kommunikation für Alle zu geringen Kosten. Neue Onlineangebote, kaum geschaffen, finden massenhafte Verbreitung. Neue Geschäftsmodelle wachsen zu echten Märkten. Ganze Marktphilosophien werden daraus entwickelt, wie zum Beispiel die Idee der Sharing Economy.

Prinzip des Sharing: eine Sache wird nicht allein von seinem Eigentümer genutzt, sondern mit vielen gemeinsam, also geteilt. Autos, Bücher, Wissen – alle stellen allen etwas zur Nutzung zur Verfügung – kostenlos oder gegen Geld. Organisiert wird der Austausch im Internet.

Eine Idee der Sharing Economy im Bereich Immobilien macht derzeit Schlagzeilen, weil sie erfolgreich ist, allerdings wirtschaftliche und soziale Konsequenzen hat, zudem auf rechtlich fragwürdigen Annahmen basiert und teilweise bereits Widerstand erzeugt.

Es geht um das so genannte Sharing von Privatwohnungen. Im Grunde handelt es sich dabei um eine private, zeitlich begrenzte Untervermietung von Mietwohnungsraum.

Auf Plattformen wie bei dem Weltmarktführer AirBnB oder dem deutschen Wettbewerber 9flats kann jedermann seine Wohnung anbieten – für ein weltweites Publikum. Die Idee ist einfach: Mach aus deiner Immobilie, sei es dein Haus als Eigentümer oder deine Wohnung als Mieter, eine temporäre Ferienwohnung, die du weltweit anbietest.

Die Idee ist deshalb so erfolgreich, weil alle auf den ersten Blick profitieren:
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  • Der „Vermieter“ profitiert von der Weitergabe bei zeitweiliger Abwesenheit, in der die Wohnung sonst leersteht und kostet.
  • Der Kurzfristmieter zahlt zumeist Summen weit unter den üblichen Preisen für Hotelzimmer mit vergleichbaren Standard.
  • Die Plattformen finanzieren sich aus Vermittlungsprovisionen.

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So weit, so gut. Man fragt sich: Warum nicht? Es sind aber von diesem Sharing von Wohnraum noch mehr Menschen betroffen, als die bisher genannten. Diese erleiden Nachteile. Und sie beginnen sich zu wehren.

Das Phänomen hat sich in einigen Ferienregionen derart verbreitet, dass die Verbände der professionellen Zimmervermieter Einbußen registrieren und alarmiert an die Öffentlichkeit gehen. Die Hoteliers verweisen auf eine rechtliche Ungleichbehandlung und fordern Maßnahmen, damit bei diesen neuen Konkurrenten gesetzliche Regelungen, denen das Beherbergungsgewerbe unterliegt, ebenfalls Anwendung finden. Touristisch stark frequentierte Großstädte wie New York schreiten ein. Berlin hat soeben ein Zweckentfremdungsverbot gesetzlich verankert, um in den nächsten Jahren 8.000 Wohnungen wieder in den normalen Mietwohnungsmarkt zurückzuführen. Die Zahlen zeigen die Dimension.

Da es in diesem Bereich einige rechtliche Unklarheiten gibt, im Folgenden ein paar grundsätzliche Ausführungen zum Sharing von Wohnraum aus der Sicht der Verwaltung von Wohnungseigentum.

Szenario 1: Der Sharinganbieter ist Mieter
Ein Mieter darf seine Wohnung oder Teile davon nicht gewerbsmäßig untervermieten. Zwar haben normalerweise Mieter das Recht auf Untervermietung in ihren Standardmietverträgen stehen. Das bezieht sich jedoch auf echtes Wohnen und nicht auf tageweise Untervermietung. Zudem muss zumeist jeder Untermieter beim Vermieter gemeldet werden. Schon gar nicht ist es gestattet, aus einer Mietwohnung stillschweigend eine Ferienwohnung zu machen. Der Vermieter kann zum letzten Mittel greifen und den Mietvertrag fristlos kündigen. Die Begründung leuchtet ein: der erhöhte Betrieb, ausgelöst durch die ständig wechselnden Bewohner der Wohnung, bedeuten eine Mehrbelastung für die Immobilie und entwerten sie. Sich eine große Wohnung in zentraler Lage zu finanzieren, indem man Teile immer wieder über die genannten Internetportale vermarktet, widerspricht geltendem Mietrecht.

Szenario 2: Der Sharinganbieter ist Wohnungseigentümer
Kann denn ein Eigentümer nicht mit seiner Eigentumswohnung machen, was er will und diese an ständig wechselnde Personen vermieten? Ganz klares Nein. In der Teilungserklärung der Immobilie ist zumeist eindeutig der Zweck genannt, zu dem das Sondereigentum genutzt werden kann. Gewerberäume und Wohnungen werden als solche bezeichnet und dürfen nur zu diesem Zweck genutzt werden.

Anders verhält es sich, wenn in der Teilungserklärung ausdrücklich von Ferienwohnungen gesprochen wird, was z.B. in Apartmentanlagen in Feriengebieten der Fall ist. Diese Immobilien sind zumeist baulich auf eine derartige Nutzung ausgerichtet und dann können Eigentümer diese so vermarkten.

In normalen Eigentümergemeinschaften ist die Umwidmung einer Wohnung zu einer ständig kurzfristig vermieteten Ferienwohnung nicht statthaft. Begründung: ständig wechselnde Personen wirken sich negativ auf die Hausgemeinschaft und somit auf den Wert der Anlage insgesamt aus. Eine Wohnung neben einer Ferienwohnung ist eben etwas anderes als neben einer dauerhaft bewohnten Wohnung. Sollte ein Eigentümer seine Wohnung trotzdem als Ferienwohnung anbieten und vermarkten, kann ihn die Eigentümergemeinschaft auf Unterlassung verklagen.

Fazit
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  • Mieter dürfen ihre Wohnung weder in Gänze noch in Teilen an ständig wechselnde Klienten untervermieten.
  • Wohnungseigentümer dürfen aus ihrer Wohnung keine Ferienwohnung machen, weil dies zumeist der Teilungserklärung widerspricht und die Eigentümergemeinschaft sofortige Unterlassung und Regress einfordern kann.
  • Und Hausbesitzer? Eigenheimbesitzer haben sicherlich andere Möglichkeiten, wohingegen Besitzer von Mehrfamilienhäusern an die Baurechtssatzungen gebunden sind.

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Was bleibt also bei der Betrachtung des Wohnungssharings aus immobilienrechtlicher Sicht übrig? Meiner Meinung nach sehr wenig. Sicher, die Idee, seine Wohnung bei eigener Abwesenheit an Leute aus der ganzen Welt zu vermieten, hat Charme und ist ein- bis zweimal im Jahr in den meisten Fällen sicher auch kein Problem. Ähnliches gilt für studentische Wohngemeinschaften. Alles darüber hinaus ist fragwürdig. Wohnungssharing als gewerbliche Tätigkeit widerspricht meines Erachtens in vielen Punkten der aktuellen Rechtslage. Die Konsequenzen können wie beschrieben gravierend sein.

Wie beurteilen Sie das Phänomen des Sharing von Mietwohnungsraum?

Quellen:
Artikel in der Berliner Morgenpost zum Thema Zweckentfremdungsverbot
Artikel aus der Schweiz mit Stellungnahme des Hotelierverbandes
9flats zieht sich aus Berlin zurück